Über den Beginn des Universums, oder gar was davor war, gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Und es ist fraglich, ob wir jemals die Möglichkeiten haben werden, um den Ursprung zu ergründen. Nach der gängigen Lehrmeinung ist das Universum durch einen sogenannten Urknall (Big Bang) entstanden, der sich vor etwa 13,7 Milliarden Jahren ereignet hat.
Eine simple Beschreibung des Urknalls hat der Science-Fiction-Autor Terry Pratchett geliefert:
Am Anfang war das Nichts – und das ist dann explodiert
Aber was kam danach?
Asymmetrie von Materie und Antimaterie
Eigentlich hätten sich beim Urknall Materie und Antimaterie nach der Urknalltheorie und dem Standard-Modell der Teilchenphysik zu gleichen Mengen bilden müssen. Und sich gleich danach vollständig gegenseitig vernichten. Dann gäbe es allerdings keine Elemente, keine Sonnen und Planeten, und kein Leben.
Folglich muss sich eine Asymmetrie gebildet haben, die dazu geführt hat, dass Materie, wie wir sie kennen, übrig geblieben ist. Diese Asymmetrie ist Gegenstand der aktuellen Forschung.
Zuletzt fand man im Januar 2022 trotz einer bisher unerreichten Messgenauigkeit noch keinen Unterschied zwischen der Masse von Protonen und Antiprotonen (BASE-Experiment am CERN, Veröffentlichung in der Zeitschrift Nature), die eine solche Asymmetrie erklären könnte.
Es gibt zwar Hinweise darauf, dass sich Neutrinos und Antineutrinos unterschiedlich verhalten könnten, aber hier müssen noch weitere Messungen vorgenommen werden, die in Planung sind (SuperKEKB im japanischen Tsukuba).
Basis der Symmetrie-Betrachtungen ist das Standardmodell der Teilchenphysik, das im Fokus der Forschung steht. Es mehren sich die Hinweise, dass das Standardmodell ergänzt bzw. ersetzt werden muss. Diese Forschung ist aufgrund der benötigten extrem hohen Energien sehr Kosten- und Zeitintensiv.
Primordiale Nukleosynethese
Gehen wir nun davon aus, dass der Urknall stattgefunden und sich die Materie gegenüber der Antimaterie durchgesetzt hat.
Nach etwa einer Hundertstelsekunde hatte sich das Universum durch Ausdehnung so weit abgekühlt, dass sich Protonen und Neutronen im Verhältnis von 1:1 bilden konnten. Davor waren aus dem Urplasma schon Neutrinos, Quarks und Elektronen auskondensiert. In dieser Phase könnten auch primordiale schwarze Löcher entstanden sein, die möglichweise die gesamte dunkle Materie ausmachen.
Etwa eine Sekunde nach dem Urknall hatte sich das Verhältnis von Protonen und Neutronen von 1:1 zu 6:1 verschoben. Grund ist die weitere Ausdehnung und Abkühlung des Universums, wodurch die Umwandlung von Protonen zu Neutronen und umgekehrt langsamer wird, und schließlich ganz aufhört. In Folge der Abkühlung hatten die etwas leichteren Protonen gegenüber Neutronen einen Vorteil, so dass von ihnen deutlich mehr erhalten blieben.
Diesen Zeitpunkt bezeichnet man auch als Gefriertemperatur (freeze out temperature). Diese liegt bei etwa 10 Mrd. Kelvin oder 1 MeV. Das Universum hatte zu diesem Zeitpunkt einen Durchmesser von etwa 20 Lichtjahren.
Name | Masse | Ruheenergie |
Proton (p+) | 1,6726*10-27 kg | 938,271 MeV |
Neutron (n) | 1,6749*10-27 kg | 939,565 MeV |
Elektron (e-) | 9,1094*10-31 kg | 0,5110 MeV |
Noch war das Universum allerdings zu heiß, um Atomkerne bilden zu können. In der Folge zerfallen übrig gebliebene Neutronen, da sie in freiem Zustand eine Halbwertzeit von 880 Sekunden haben. Am Ende steht das Verhältnis von Protonen zu Neutronen bei 7:1.
Zehn Sekunden nach dem Urknall beginnen Protonen und Neutronen, sich zu den ersten Atomkernen zusammenzuschließen. Elektronen können noch nicht an die Atomkerne gebunden werden, dafür sind die Temperaturen weiterhin zu hoch.
Zunächst bilden sich Deuteronen (Deuterium-Kerne), die aus einem Proton und einem Neutron bestehen. Diese werden in dieser Phase allerdings noch durch Photonen zerstört, und sind nicht stabil. Man nimmt an, dass zu diesem Zeitpunkt das Verhältnis von Baryonen (Materie-Teilchen) zu Photonen bei 1: 2.000.000.000 liegt. Erst eine Minute nach dem Urknall hatte sich das Universum so weit abgekühlt, dass die Deuteronen effektiv gebildet werden konnten:
p + n → 2H + γ
In weiteren Reaktionen konnten sich danach aus den Deuteronen weitere Atomkerne bilden:
p + 2H → 3He + γ
2H + 2H → 3He + n
2H + 2H → 3H + p
3He + 2H → 4He + p
3H + 2H → 4He + n
4He + 3He → 7Li
Über den genauen Hergang der Entstehung von 7Li herrscht noch keine vollständige Klarheit. Es kann auch durch verschiedene Prozesse bei der Zerstörung von 7Be entstanden sein.
Etwa 10 Minuten nach dem Urknall war die primordiale Nukleosynthese beendet. Das Universum hatte sich auf einen Durchmesser von 600 Lichtjahren ausgedehnt, und die Temperatur war weiter gesunken.
Nach der primordialen Nukleosynthese bestand das Universum zum allergrößten Teil aus folgenden Atomkernen:
Name | Protonen | Neutronen | Masse-% | Anzahl-% |
p (Proton) | 1 | 0 | ≈ 75 | ≈ 92 |
4He | 2 | 2 | ≈ 25 | ≈ 8 |
2H | 2 | 0 | ≈ 0,00001 | ≈ 0,00001 |
3He | 2 | 1 | ≈ 0,00001 | ≈ 0,0001 |
7Li | 3 | 1 | ≈ 0,0000001 | ≈ 0,0000002 |
Es existierte nun ein Plasma aus Atomkernen, Elektronen und Photonen. Die Temperatur war immer noch zu hoch, um Elektronen an Atomkerne binden zu können.
Das Masseverhältnis von 3:1 von Protonen und 4He lässt sich heute noch in Gaswolken aus der Frühzeit des Universums messen.
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